Hilde war wieder zu rasant in die Zufahrt des Parkhauses eingebogen und hatte sich eine Beule ins Auto gefahren. Führte ihre vor kurzem diagnostizierte Demenz dazu, dass sie sich immer weniger auf den Straßenverkehr konzentrieren konnte? Ihr Mann Paul machte sich wegen der zunehmenden Schäden am Auto Sorgen um sie.
Abends sprach Paul sie darauf an. Auch Hilde machte sich zunehmend Gedanken. Sie würde in den nächsten Tagen ihren Hausarzt, der die Diagnose gestellt hatte, aufsuchen.
Paul begleitete sie. Der Arzt hörte Hilde aufmerksam zu und erinnerte sie daran, dass er bereits vor einigen Monaten bei Diagnosestellung darauf hingewiesen habe, dass die Demenz ihre Fahrtauglichkeit im Straßenverkehr beeinträchtigen würde. Er riet ihr, ihre Fahrsicherheit einmal prüfen zu lassen. Der Hausarzt wies darauf hin, dass viele Institutionen ein auf Senioren abgestimmtes Fahrtraining anbieten würden. Hilde war skeptisch. Der Hausarzt klärte sie darüber auf, dass sie ihren Führerschein verlieren könne, wenn ihre Fahrtauglichkeit erheblich eingeschränkt sei. Die Straßenverkehrsbehörde könne ihr auch Auflagen beim Autofahren erteilen und so ihre Mobilität einschränken. Da wäre es doch besser, vorbeugend zu handeln. Das sah Hilde ein.
Paul machte sich kundig, wo sie denn ein solches Fahrtraining absolvieren könne. Hilde wollte dies aus Angst erkannt zu werden, auf gar keinen Fall in der örtlichen Fahrschule machen.
Paul erfuhr, dass die meisten Automobilclubs und auch der TÜV so genannte „Fahrsicherheitstrainings für Senioren“ anboten. Diese bestehen aus theoretischen und praktischen Übungen auf entsprechenden Verkehrsübungsplätzen. Doch Hilde wollte ihre normalen Fahrfähigkeiten auf ihren üblichen Wegen prüfen lassen. Die Automobilclubs bieten auch so genannte „Fahr-Fitness-Checks“ an. Diese werden im eigenen Auto mit einem Fahrlehrer als Beifahrer durchgeführt. Die Fahrt erfolgt im öffentlichen Straßenverkehr. Es wird sowohl ein Vorgespräch als auch eine Nachbesprechung geben. Paul vereinbarte einen Termin zum Fahr-Fitness-Check, der in der Nähe ihres Wohnortes stattfinden sollte.
Am vereinbarten Treffpunkt bat der Fahrlehrer Hilde zu schildern, welche Probleme bislang aufgetreten seien. Hilde schilderte ihm, wie es bislang zu den Beulen am Fahrzeug gekommen waren.
Hilde bemühte sich bei der folgenden Fahrt, konzentriert zu fahren, was ihr auf vertrauter Strecke gelang. Dann sollte sie in eine kleine Wohnsiedlung einbiegen und dort parken. Die Straße war eng und unübersichtlich. Hilde übersah fast ein von rechts in die Straße einbiegendes Fahrzeug. Sie konnte gerade noch bremsen. Der Fahrlehrer ließ sie etwas weiterfahren und einparken. Hilde konnte sich kaum noch konzentrieren. Nach einer kurzen Pause konnte Hilde zurückfahren. Der Fahrlehrer erklärte, Hilde profitiere im Straßenverkehr von ihrer jahrelangen Fahrroutine, könne in brenzligen Situationen noch angemessen reagieren. Allerdings lässt ihre Konzentrationsfähigkeit nach. Der Fahrlehrer empfahl Hilde, aufgrund der Konzentrationsschwäche künftig nur noch kurze Strecken auf vertrautem Gebiet zu fahren. Fahrten am Nachmittag, wenn sie bereits müde sei, solle sie vermeiden. Aufgrund des eingeschränkten räumlichen Sehens, solle sie enge Parkhäuser etc. künftig meiden. Abschließend gab der Fahrlehrer Paul und Hilde den Rat, sich frühzeitig mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in ihrer Wohngegend vertraut zu machen, um sich auf ein Leben ohne Auto vorzubereiten.