Ein Auto ermöglicht größtmögliche Flexibilität im Alltag – vor allem in ländlichen Regionen. Daher fällt die Entscheidung oft schwer, krankheits- oder altersbedingt auf das Autofahren zu verzichten. Bei einer Demenz müssen Angehörige häufig reagieren und entsprechende Entscheidungen treffen und Maßnahmen ergreifen. Zu lange warten sollten sie nicht, denn nicht nur die Sicherheit des Menschen mit Demenz steht auf dem Spiel, sondern auch die von anderen Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmern.
Angehörige und Betreuung
Stand: 18.03.2022
Auch beim Autofahren haben Angehörige und rechtliche Betreuerinnen und Betreuer hier eine bestimmte Fürsorgepflicht. Sie müssen oft die Entscheidung des Verzichts auf das Autofahren übernehmen und entsprechende Maßnahmen ergreifen. Zu lange warten sollten sie nicht, denn nicht nur die Sicherheit des Menschen mit Demenz steht auf dem Spiel, sondern auch die von anderen Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer. Hat das Autofahren für die Betroffenen einen hohen Stellenwert, können kleine Notlügen wie "das Auto ist kaputt", oder "der Schlüssel ist verloren gegangen" helfen.
Hier finden Sie den Kurzfilm "Autofahren und Demenz" der Deutschen Alzheimer Gesellschaft e.V.
Prüfung der Fahrtauglichkeit durch die Straßenverkehrsbehörde
Bei einer Alzheimer-Demenz besteht nach Anlage 4 der Fahrerlaubnisverordnung dann keine Fahreignung mehr, wenn die Demenz bereits fortgeschritten ist und zu schweren Persönlichkeitsveränderungen geführt hat. Um die Fahruntauglichkeit festzustellen, kann die Straßenverkehrsbehörde die Untersuchung durch eine Fachärztin beziehungsweise einen Facharzt für Psychiatrie oder Neurologie veranlassen. Da gewisse Leistungsminderungen bei allen älteren Menschen zu erwarten sind, müssen im Rahmen der Untersuchung allerdings ausgeprägte Leistungsmängel und schwere Persönlichkeitsveränderungen nachgewiesen werden.
Weitere Informationen finden Sie hier:
Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr
Unabhängig davon muss auch die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt der Patientin oder des Patienten diesen bereits bei der Diagnosestellung darüber aufklären, dass bei fortschreitender Demenz von einer Fahruntauglichkeit auszugehen ist. Dritten gegenüber, also auch Angehörigen oder der Straßenverkehrsbehörde, darf die Ärztin oder der Arzt nur dann einen Hinweis auf die zukünftige Fahruntauglichkeit geben, wenn die Patientin oder der Patient einverstanden ist und die Ärztin oder den Arzt von dessen Schweigepflicht entbindet. Ohne diese Erlaubnis würde sich die Ärztin oder der Arzt wegen Verstoßes gegen die ärztliche Schweigepflicht (§ 203 StGB) strafbar machen.
Sie können Ihre Fahrtauglichkeit beim ADAC oder TÜV prüfen lassen. Damit Sie sich selbst und andere nicht im Straßenverkehr gefährden.
Weitere Informationen finden Sie hier:
Fitness Check für Autofahrer | Senioren | bei Krankheiten
Ausnahme von der ärztlichen Schweigepflicht
Stand: 13.06.2022
Will die Patientin oder der Patient trotz schwerwiegender Bedenken der Ärztin oder des Arztes dennoch weiter Autofahren und schaffen es auch die Angehörigen oder gesetzlichen Vertreterinnen und Vertreter es nicht, sie oder ihn davon abzubringen, kann die Ärztin oder der Arzt unter bestimmten Voraussetzungen ihre oder seine Schweigepflicht brechen und die Straßenverkehrsbehörde informieren. Der Bundesgerichtshof hat in diesem Zusammenhang bereits 1968 darauf hingewiesen, dass die Ärztin oder der Arzt hierbei eine Güterabwägung vornehmen muss. Das heißt, sie oder er muss abwägen, ob durch die weitere Teilnahme ihres oder seines fahruntüchtigen Patienten am Straßenverkehr höhere Rechtsgüter gefährdet sind – etwa das Leben oder die Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer. Bei einer Gefahrenabwehr, geregelt in § 34 Strafgesetzbuch (StGB), kann die ärztliche Schweigepflicht entfallen.
Im Hinblick auf die besondere Schutzwürdigkeit der Patientin oder des Patienten sollte die Meldung durch die Ärztin oder den Arzt an die Straßenverkehrsbehörde nur nach einer aktuellen Untersuchung und Begutachtung erfolgen. Wenn das Verhalten der Patientin oder des Patienten eine Untersuchung nicht zulässt und die Person Anzeichen einer Fahrunfähigkeit wie beispielsweise Orientierungslosigkeit oder Realitätsverlust aufweist, kann die Ärztin oder der Arzt gegebenenfalls ergänzende Untersuchungen anregen.
Wann Angehörige für Unfallschäden haften
Stand: 08.06.2022
Auch Angehörige sollten eindringlich auf den Menschen mit Demenz einwirken, wenn dieser bei fortschreitender Erkrankung weiter Auto fährt. Rechtlich verpflichtet, das Autofahren zu verhindern, sind Angehörige jedoch nur dann, wenn sie die Aufsichtspflicht über die erkrankte Person haben (§ 832 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)).
Aufsichtspflichtig sind Angehörige, die das Betreuungsgericht zu rechtlichen Betreuerinnen oder Betreuern der Patientin oder des Patienten bestellt hat und zu deren Aufgabenfeld ausdrücklich auch die Beaufsichtigung der Patientin oder des Patienten gehört. In diesem Fall sind Angehörige verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die Patientin oder der Patient das Autofahren unterlässt.
Bei nachgewiesener Verletzung der Aufsichtspflicht, müssen sie für etwaige Schäden aufkommen, die die betreute Person beim Autofahren verursacht. In der Praxis wird das Aufgabenfeld "Beaufsichtigung" allerdings nicht oft vom Betreuungsgericht festgesetzt. Das Gleiche gilt für Vorsorgebevollmächtigte. Das heißt, eine Haftung durch die Bevollmächtige oder den Bevollmächtigten besteht nur, wenn eine Aufsichtspflicht in der Vorsorgevollmacht vereinbart wurde, was in der Regel sehr selten vorkommt.
Grundsätzlich steht auch bei Autofahrerinnen und Autofahrern mit Demenz die Kfz-Haftpflichtversicherung als gesetzliche Pflichtversicherung für Schäden gegenüber Dritten ein. Die Versicherung kann sich diese Schäden jedoch von dem Menschen mit Demenz ersetzen lassen – insbesondere dann, wenn der Unfall gerade wegen der Demenz passiert ist und ärztliche Anweisungen ignoriert wurden.
Weitere Informationen
finden Sie hier unter Broschüren: Wege zu mehr Sicherheit im Verkehr und bei Rechtsgeschäften für Menschen mit Demenz
Parkerleichterungen
Stand: 29.04.2022
In Deutschland können schwerbehinderte Menschen mit dem Merkzeichen „aG" (außergewöhnliche Gehbehinderung, beidseitiger Amelie (beide Arme fehlen), Phokomelie (Hände und Füße setzen direkt am Körper an)) oder Blindheit, den blauen Parkausweis beantragen, um damit deutliche Erleichterungen beim Parken zu erhalten.
EU-einheitlicher blauer Parkausweis
Menschen mit Demenz, welche einen EU-einheitlichen blauen Behindertenparkausweis besitzen, dürfen unter anderem auf den mit dem Rollstuhlfahrersymbol gekennzeichneten Behindertenparkplätzen parken, auch wenn sie das Fahrzeug nicht mehr selbständig steuern können. Gesetzlich geregelt sind die Anspruchsvoraussetzungen für den blauen Parkausweis im § 45 Absatz 1b Nummer 2 in Verbindung mit § 46 Absatz 1 Nummer 11 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO). Auch für Menschen mit Demenz kann die Voraussetzung einer „außergewöhnlichen Gehbehinderung“ (Merkzeichen „aG“ im Schwerbehindertenausweis) in Betracht kommen. Dies ist der Fall, wenn sich die Demenz alleine oder in Kombination mit weiteren Erkrankungen derart auf die Gehfähigkeit auswirkt, dass sich der betroffene Mensch dauernd nur mit fremder Hilfe oder mit großer Anstrengung außerhalb seines Kraftfahrzeugs fortbewegen kann. Auf Vorlage des Schwerbehindertenausweises erteilt die Straßenverkehrsbehörde dann ohne weitere Prüfung die Ausnahmegenehmigung nach § 46 StVO und stellt einen Behindertenparkausweis aus (blau mit Rollstuhlsymbol).
Weitere Informationen zur Feststellung einer Behinderung oder zur Beantragung eines Schwerbehindertenausweises finden Sie hier oder auf dem Informationsportal einfach-teilhaben.
Für die Überwachung der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften sind die Bundesländer zuständig. Dies kann dazu führen, dass es in einzelnen Bundesländern neben der Regelung zur Nutzung eines Behindertenparkplatzes weitere individuelle Ausnahmereglungen zugunsten des schwerbehinderten Menschen gibt. Es wird empfohlen, bei Ihrer zuständigen Straßenverkehrsbehörde nachzufragen, welche speziellen Parkerleichterungen für schwerbehinderte Menschen vor Ort gelten.
Orangener Parkausweis
Auf Antrag können Schwerbehinderte einen Gleichstellungs-Parkausweis beantragen. Unter bestimmten Voraussetzungen beziehungsweise bei Vorliegen bestimmter Erkrankungen kann die zuständige Behörde einen orangefarbenen Parkausweis ausstellen. Er berechtigt jedoch nicht zum Parken auf ausgewiesenen Behindertenparkplätzen. Stattdessen ist es mit diesem Parkausweis beispielsweise gestattet, mit einer Parkscheibe bis zu drei Stunden in einem eingeschränkten Halteverbot zu parken. Welche weiteren Sonderrechte mit diesem Parkausweis verbunden sind, kann in den Bundesländern unterschiedlich gehandhabt werden. Es empfiehlt sich, bei der zuständigen Straßenverkehrsbehörde nachzufragen.
Menschen mit Demenz gehören nicht zu den Personengruppen, die einen Anspruch auf einen orangefarbenen Parkausweis haben.