Hannah steht vor der Praxis des Neurologen. Er vermutete, sie habe Alzheimer. Dies hatte vor Jahren schon einmal eine Neurologin geäußert. Hannah glaubte dies nicht. Ihre Gedächtnisstörungen müssten doch andere Ursachen haben. Hannah war nach dem ersten Gespräch nicht mehr zu dieser Neurologin gegangen, hatte auch ihrer Familie nichts erzählt. Die Familie rätselte, was hinter der Vergesslichkeit der mittlerweile 56-jährigen Hannah steckte.
Und nun wieder: Alzheimer? Das konnte doch gar nicht sein. Sie wollte jetzt nur nach Hause. In der Nacht war Schnee gefallen. Sie lief los. Doch wo ging es lang? Sie kannte doch den Weg, oder nicht? Hannah lief los, bis sie vor ihrem Haus ankam. Doch der Schlüssel passte nicht. Hannah beruhigte sich, denn ihr Mann würde sicher gleich kommen. Doch ihr Mann kam nicht. Es wurde dunkel und es schneite wieder. Sie suchte Schutz in einer Toreinfahrt in der Nachbarschaft. Niemand bemerkte sie dort.
Am nächsten Morgen erwachte Hannah durchgefroren und hungrig in der Toreinfahrt. Wo war sie hier? Wo war Ernst? Hannah ging in die gegenüber liegende Bäckerei, suchte in ihrer Handtasche nach Geld. Hannah bekam Angst, sie hatte kein Geld dabei. Sie wusste auch gar nicht, wo sie sich befand. Die Leute in der Bäckerei sprachen sie an. Sie bemerkten, dass Hannah durchgefroren war, verwirrt und orientierungslos. Sie fing an zu weinen.
Die Polizei kam. Hannah konnte auch ihre Fragen nicht beantworten. Ihr Ehemann Ernst hatte sie bereits gestern vermisst gemeldet. Die Polizei nahm diese Vermisstenanzeige sehr ernst, denn die Familie hatte der Polizei erklärt, dass Hannah seit Monaten unter Gedächtnisstörungen leide und am Vortag einen Termin beim Neurologen hatte, von dem sie nicht heimkehrte.
Die Polizei nahm Hannah mit auf die Wache und informierte ihren Ehemann. Endlich kam Ernst. Er weinte, bedankte sich bei den Polizisten, nahm sie mit nach Hause. Hannah erklärte ihm, dass sie vor der Haustür gewartet habe, er aber nicht gekommen sei. Vor der Haustür? Ernst hatte von der Polizei erfahren, wo sie Hannah gefunden hatte. Sie war in der Bäckerei abgeholt worden, die gegenüber dem Haus lag, in dem Hannah und Ernst vor Jahrzehnten gewohnt hatten. Hannah war zu Fuß quer durch die Stadt zu diesem Haus gelaufen. Den Weg zu ihrem langjährigen neuen Zuhause hatte Hannah nicht mehr gefunden.
Die Familie hatte in der Zeit, in der Hannah gesucht wurde, die Telefonnummer der Neurologin gefunden, die Hannah vor Jahren wegen der Gedächtnisprobleme aufgesucht hatte. Sie erklärten der Neurologin, dass Hannah vermisst werde. Die Neurologin erzählte, sie hatte schon vor Jahren die Vermutung, dass sich bei Hannah eine Alzheimer Erkrankung entwickeln würde. Die Neurologin erklärte, dass sie wegen ihrer ärztlichen Schweigepflicht die Familie damals nicht hatte informieren können. Hannah hatte ihr die Weisung erteilt, mit niemandem über diesen Verdacht zu sprechen. Daran habe sie sich halten müssen, auch als Hannah nicht wieder erschienen sei. Sie hätte sich strafbar gemacht, wenn sie gegen den Willen der Patientin gehandelt hätte. Dass sie nun gegenüber der Familie Auskunft gab, war der Abwägung geschuldet, die die Neurologin in der jetzigen kritischen Situation vornehmen durfte. Hannah war vermisst, ihr Leben war in Gefahr. Die Auskunft der Neurologin sollte jetzt dazu beitragen, Hannah vor Schaden zu bewahren.